Schlagwort-Archive: Inklusion

Kurzfilm von der ersten Schule für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Von der Kretinenanstalt zur Inklusion – ein Kurzfilm informiert über die europaweit erste Einrichtung für Menschen mit Lernschwierigkeiten bis hin zur heutigen Inklusionspädagogik:  „Bildung inklusive“

Die Historikerin Lisa Maria Hofer hat die Geschichte dieser Schule erforscht, im Film sehen wir die Quellen und die Entwicklung. Johannes Hollweger und Sabine Thaler sind junge Menschen mit Lernschwierigkeiten, sie erzählen über Bildung und Ausbildung für Menschen mit Lernschwierigkeiten heute. Robert Schneider-Reisinger von der Pädagogischen Hochschule Salzburg kommt zum Thema Inklusionspädagogik heute zu Wort.

Kretin oder Ketinismus war damals eine Beschreibung eines Krankheitsbildes. Heute wird der Begriff nicht mehr verwendet und als abwertend empfunden. Auch was damals noch großer Fortschritt war, nämlich dass es eigene Unterrichtsanstalten für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen gab, ist heute längst nicht mehr zeitgemäß.

Gotthard Guggenmoos gründete in Salzburg die erste Schule für Kinder mit Lernschwierigkeiten, im Jahr 1816 zunächst in Hallein, sowie mit Gehörschädigung eine private Schule. 1829 wurde die Schule nach Salzburg in die Judengasse 63 verlegt. Die Schule bekam keine öffentliche Förderung. Warum es die Schule gab, lag hauptsächlich am Engagement des Lehrers Guggenmoos.

Siehe: Hofer, Lisa Maria: „Die Schuljugend erscheint […] in Feyertagskleidung, vorzüglich reinlich gewaschen und gekämmt.“ Zwischen Appeasement-Pädagogik und Inklusion im Salzburger Elementarschulwesen von 1810 bis 1830. (Masterarbeit Univ. Salzburg 2018)

Ein sozial-ökologisches Inklusionsmodell für die Urbane Landwirtschaft in Wien

Von Sophie Schaffernicht

Die Zielgruppe der Dissertation,eingereicht an der BOKU, mit dem Titel „Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Urbanen Landwirtschaft in Wien“ waren Menschen, die in Tagesstrukturen arbeiten und betreut werden. Diese Personen fehlen weitestgehend in den Diskussionen über urbane Landwirtschaft, obwohl landwirtschaftliche Tätigkeiten unter bestimmten Umständen viele positive Effekte haben können. Verschiedene Programme im städtischen Gartenbau konnten beispielsweise in der Vergangenheit den Weg auf den Ersten Arbeitsmarkt ebnen. Für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention – insbesondere der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen – sind Bildung und Arbeit zentrale Punkte. Menschen mit Behinderungen sind jedoch gegenwärtig oft von diesen Bereichen ausgeschlossen und werden an einer wirklichen Teilhabe an der Gesellschaft gehindert. In dieser Studie wurde hauptsächlich nach den Hindernissen für Inklusionsprozesse im Gartenbau Ausschau gehalten. An einem Pilotprojekt zu urbaner Landwirtschaft und Inklusion in Wien nahmen eine Universität, drei Sozialeinrichtungen mit sieben Mitarbeiter*innen, zwei Gartenbaubetriebe mit zwei Betriebsleiter*innen sowie fünfzehn Menschen mit Behinderungen teil. Aktionsforschung wurde im Rahmen der Tomatenernte wissenschaftlich begleitet und dabei evaluiert sowie modifiziert. Zur gleichen Zeit war die Autorin bestrebt einen Beitrag im Sinne der Grounded Theory zu leisten. Eine mögliche Lösung für künftige Studien ist das Miteinbeziehen von Co-Forscher*innen (Menschen mit Behinderungen), um Forschung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention inklusiv zu gestalten. Angebote im Bereich der urbanen Landwirtschaft sollten über reine Kooperationen zwischen Sozialeinrichtungen und Gartenbaubetrieben hinausgehen. Ein sozial-ökologisches Szenario mit agrarökologischen Inklusionsbetrieben erscheint sinnvoll. Die Etablierung mehrerer solcher Inklusionsbetriebe im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention in Wien könnte die Stadt den Zielen der nachhaltigen Entwicklung ein Stück näherbringen.

Bild oben: Lebenshilfe Wien

Sophie Schaffernicht

MellowYellow – Soziale Wirkung durch Kunst

MellowYellow Interventionen in einer Schule

Von Alfons Bauernfeind (Institut für partizipative Sozialforschung, Wien), über seinen Beitrag präsentiert in der DiStA-Forschungswerkstatt:

Das Projekt MellowYellow verfolgt das Ziel, mit künstlerischen Methoden Diversität, Inklusion und künstlerische Offenheit als selbstverständliche Praxis in Österreichs Schulen zu etablieren. MellowYellow vermittelt in der Tanzkunstszene anerkannte Mixed-Abled Künstler*innen Teams an Schulen, um Aktionstage bzw. Aktionswochen abzuhalten.

Die beiden Formate bestehen aus drei unterschiedlichen Interventionen (Informance, bewegte Gespräche, Resonanztreffen), die darauf abzielen, dass Lehrkräfte und Schüler*innen ihre Einstellungen über Menschen mit Behinderungen reflektieren und neu bewerten. Das Wissen über das Alltagsleben von Menschen mit Behinderungen soll aufgebaut und Unsicherheiten im Umgang abgebaut werden. Dadurch könnten neue und diversere Vorbilder entstehen, da Menschen mit Behinderungen als Führungspersonen wahrgenommen werden. Lehrer*innen entdecken neue künstlerische Methoden, die sie in die Schulpraxis einführen könnten, Schüler*innen finden einen neuen Zugang zu Kreativität und ihrem Körperempfinden.

MellowYellow hat seit 2017 bis zum Ausbruch der Covid-19 Pandemie 3.039 Schüler*innen in 148 Klassen von 80 Schulen erreicht. Um die Corona-bedingte Unterbrechung der Schulaktivitäten produktiv zu nutzen, wurde der Aktivitätsschwerpunkt des Jahres 2020 auf die soziale Wirkungsmessung gelegt.  Es wurde ein Wirkungsmodell (IOOI-Modell nach Phineo, Kurz und Kubek 2017) auf Basis von MellowYellow internen Workshops erstellt und 21 Leitfaden-gestützte Telefoninterviews mit Lehrkräften durchgeführt, die zwischen 2017 und 2020 MellowYellow Interventionen in ihren Schulen erlebt haben. Die Auswertung und inhaltliche Codierung der Interviews erfolgten im Vier-Augen-Prinzip. Sie wurde gemäß der Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) vorgenommen. Neben qualitativen Auswertungen wurden auch frequenzanalytische Auszählungen durchgeführt.

Alfons Bauernfeind studierte (Musik-) Soziologie in Wien. Seit 2013 ist er freischaffender Soziologe und Musiker, Mitbegründer des Instituts für partizipative Sozialforschung (2016) sowie der measury Sozialforschung OG (2018) und Leiter einer Forschungswerkstatt an der FH für Soziale Arbeit Wien (2021). Seine Arbeitsschwerpunkte sind soziale Wirkungsmessung und partizipative Begleitforschung von sozial- innovativen Unternehmungen.

 

Reaktionen zum Entwurf des Nationalen Aktionsplans Behinderung (2022-2030)

Behinderungssymbol durchgestrichen

Quelle: Pixabay, user: chariflax

Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) hat sich Österreich zu deren Umsetzung und zur Wahrung der Rechte für Menschen mit Behinderungen verpflichtet. Die von Österreich angewendete Strategie zur Umsetzung wird in Nationalen Aktionsplänen festgehalten. Diese werden vom Sozialministerium in Kooperation mit den anderen Bundesministerien und unter Partizipation der Zivilgesellschaft, allen voran Organisationen für Menschen mit Behinderungen, erstellt. Der erste NAP 2012-2020 wurde 2012 veröffentlicht und anschließend heftig diskutiert. Nun liegt ein Entwurf für den Nationalen Aktionsplan 2022-2030, erstellt vom Bund mit Beteiligung der Länder und z.T. von Behindertenorganisationen, vor, der noch im Spätsommer vom Ministerrat beschlossen werden soll.

Zahlreiche Behindertenrechtsorganisationen, wie der Unabhängige Monitoringausschuss zur Überwachung der Einhaltung der UN-BRK, die Selbstbestimmt Leben Initiative Österreich (SLIÖ), der Behindertenrat sowie die Behindertenanwaltschaft haben bereits heftige Kritik geübt. Ein Video der Pressekonferenz ist hier einsehbar. Martin Ladstätter, Präsidiumsmitglied Österreichischer Behindertenrat und Obmann von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben nennt den Entwurf eine Dokumentation des Scheiterns und vergleicht ihn mit einem Auto mit mehreren Lenkrädern aber ohne Motor und Getriebe – ein Totalschaden. Er appelliert an die Politik, das Ruder nochmal rumzureißen.

In einer ausführlichen Analyse der einzelnen Kapitel kritisiert der Monitoringausschuss immer wieder die fehlende Kohärenz zwischen formulierten Zielen und den dazu vorgeschlagenen Maßnahmen, welche oft nicht geeignet scheinen, um die ersteren zu erreichen. Auch seien viele Ziele, Maßnahmen, Begriffe und Indikatoren oft vage, schwammig, unklar oder lückenhaft definiert bzw. formuliert.

Am Erstellungsprozess wird vielfach kritisiert, dass die erarbeiteten Vorschläge und Papers der Behindertenorganisationen zu wenig beachtet bzw. diese nur wenig in die tatsächliche Bearbeitung eingebunden wurden, obwohl die UN-BRK deren Mitwirkung vorsieht. Markus Neuherz, Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich meint:

„Unsere Meinung ist gefragt, aber wenn sie nicht gefällig ist, wird sie ignoriert. Tatsächliche Mitbestimmung ist wohl unerwünscht.“

Ein genereller Kritikpunkt ist die fehlende finanzielle Grundlage der im Plan vorgesehenen Maßnahmen. Um sicherzustellen, dass die Maßnahmen Österreicher*innen mit Behinderungen unabhängig von ihrem Bundesland zukommen, wird vielfach ein nationaler Inklusionsfond oder einer andere Zweckwidmung der finanziellen Ressourcen gefordert. Der Behindertenanwalt Hansjörg Hofer meint.

„Ohne eine konkrete und verbindliche Aussage des Bundes und der Länder zur monetären Bedeckung des NAP ist er das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt wird! Wir fordern daher die Schaffung eines Inklusionsfonds, zu dem der Bund und alle Länder beitragen; 500 Mio € jährlich für die 1,4 Mio Menschen mit Behinderungen in Österreich“

Beim Thema Inklusive Bildung werden sogar Rückschritte im Vergleich zum NAP 2012-2020 konstatiert und die Empfehlungen in Zuge dessen Evaluierung wären nicht berücksichtigt worden. Die Diakonie Direktorin Maria Katharina Moser meint:

„Es fehlen konkrete Zahlen, zum Beispiel für eine Erhöhung der inklusiven Schulplätze in den kommenden Jahren und den Rückbau der Sonderschulen. .. Bearbeitung der offenkundigen Missstände wird auf die Jahre ab 2030 verschoben, das ist zu spät“.

Dies sei aber notwendig, damit Kinder mit und ohne Behindrung bald gleichermaßen und mit den gleichen Chancen am Bildungssystem teilnehmen können.

verschiedene Arten von Behinderungen

Quelle: Pixabay, user: María_Alberto

Ebenfalls Rückschritte werden in Bezug auf das Ziel der De-Institutionalisierung, welches für das selbstbestimmte Leben von Menschen mit Behinderungen von zentraler Bedeutung ist, moniert. Bereits das UN-Monitoringkomitee hat in seinem Report größerer Anstrengungen von Österreich diesbezüglich gefordert. Laut Monitoringausschuss wurde jedoch in den letzten Jahren im Gegensatz dazu der Ausbau von segregierenden Heimplätzen vorangetrieben – nötig wären jedoch der Ausbau von Persönlicher Assistenz sowie die Schließung von Heimen. Auch Caritas Direktor Michael Landau findet, dass

„die Persönliche Assistenz eine Schlüsselrolle in der Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen spielt“.

Deswegen müsse man jetzt auf der Grundlage vorhandener Pilotprojekte handeln:

“Es ist sehr viel Zeit vergangen, seit Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet hat. Das theoretische Wissen zu Verbesserungen ist vorhanden, einzig der mutige Wille zur praktischen Umsetzung fehlt in diesem NAP“, so Landau.

Weitere Kritikpunkte umfassen unter anderem die Ausführung über die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen sowie die Ausklammerung bzw. geringe Berücksichtigung der Situation von Frauen, Mädchen, Eltern oder LGBTQI+ Personen mit Behinderungen.

Die Stimmung der Reaktion auf den NAP Entwurf zusammenfassend hält die Vizepräsidentin der Lebenshilfe Österreich Hanna Karat fest, dass Behindertenorganisationen drei Jahre versucht haben, sich in den Erstellungsprozess einzubinden. Dennoch enstspreche der NAP Entwurf nicht den Inhalten der UN-BRK, zu denen sich Österreich verpflichtet hat:

„Unserer Geduld ist am Ende. Ich frage mich, ob wir mit den Rollstühlen vor den Regierungsgebäuden auf der Straße stehen müssen, damit wir endlich zu unseren Rechten kommen“

Die SLIÖ lehnt in ihrer Stellungnahme den NAP Entwurf ab und meint dazu:

„Er enthält auf 147 Seiten zu wenig strukturbildende Maßnahmen im Sinne der UN-BRK. Es fehlen Maßnahmen zur Rücknahme von Verschlechterungen, institutionelle und strukturelle Diskriminierungen werden nicht oder nicht ausreichend bekämpft.“

Klaus Wild, Vizepräsident des Behindertenrats hofft noch auf ein Einlenken der Politik, mahnt aber:

„Sollten unsere Menschenrechte weiterhin ignoriert werden, sind wir Menschen mit Behinderungen erstmals seit vielen Jahren wieder gezwungen, auf die Straße zu gehen, um für ganz normale Menschenrechte, zu denen sich Österreich schon vor 14 Jahren bekannt und verpflichtet hat, zu demonstrieren“

Anbei Links zu den diversen Stellungnahmen, welche auch die Quelle für die oben angeführten Zitate darstellen. Am umfangreichsten ist die Stellungnahme des Monitoringausschusses. Zudem werden auch Links zur genannten Pressekonferenz sowie zu diversen Zeitungsartikeln zum Thema angeführt.

Weiterführende Links

AuW Blogbeitrag: Es geht kein Weg vorbei am inklusiven Arbeitsmarkt (17. Mai 2021)

Auf dem Blog Arbeit und Wirtschaft der AK Wien ist ein Beitrag erschienen, was die Probleme sind und was zu tun ist, um den inklusiven Arbeitsmarkt in Österreich zu verwirklichen.

Es geht kein Weg vorbei am inklusiven Arbeitsmarkt

ejournal-Artikel: Über Körper, kulturelle Normierung und die Anforderung einer „Kultur für alle“ im Kontext von Dis_ability“

Elisabeth Magdlener veröffentlichte in der 9. Ausgabe des open access eJournals „p/art/icipate“ mit dem Schwerpunkt „Open Up! Ein- und Ausschlüsse in Kunst und Kultur“  den Artikel:

Über Körper, kulturelle Normierung und die Anforderung einer „Kultur für alle“ im Kontext von Dis_ability

Hier der Link: https://www.p-art-icipate.net/ueber-koerper-kulturelle-normierung-und-die-anforderung-einer-kultur-fuer-alle-im-kontext-von-dis_ability/

Pdf: https://www.p-art-icipate.net/wp-content/uploads/2018/10/OPEN-UP_10_2018.pdf

Postcards: https://www.p-art-icipate.net/7557-2/

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EINLADUNG: Inklusive Denkanstöße! am WUK Bildungs- und Beratungstag: „Inklusion: Macht am Dienstag, den 03.10.17

Spätestens seit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention ist Inklusion als politische Forderung in aller Munde. In der Praxis stoßen wir nach wie vor auf viele Hürden. Gemeinsam wollen wir der Frage nachgehen, welchen Beitrag zu einer inklusiven Gesellschaft arbeitsmarktpolitische Bildungs- und Beratungseinrichtungen leisten können.

Inklusion als Teilhabe für alle bedarf nicht nur einer Gesellschaft, die Vielfalt, Verschiedenheit und Individualität zu schätzen weiß, sondern auch dementsprechender Rahmenbedingungen. Wie sieht das Verhältnis zwischen politischem Anspruch, gesetzlichen Vorgaben und der Wirklichkeit aus? Wie inklusiv können arbeitsmarktpolitische Einrichtungen in den bestehenden Förderstrukturen tatsächlich sein? Inklusive Angebote von Einrichtungen vs. Einrichtungen als inklusive Arbeitsplätze, Klient_innen vs. Schlüsselkräfte: Wer inkludiert eigentlich wen und was braucht es, um inklusive Angebote unter dem derzeitigen gesellschaftlichen Leistungsdruck umsetzen zu können?

Inklusive Denkanstöße bilden den theoretischen Einstieg in das Thema, danach geben Praxisbeispiele einen Einblick wie Inklusion im Arbeitsalltag aussehen kann. In der abschließenden Podiumsdiskussion suchen die Referent_innen Elisabeth Magdlener, Hendrik Stollé, Monika Haider, Matthias Fenkart und Astrid Lanscha, Geschäftsleiter Christoph Trauner und Moderatorin Lisa Mayr gemeinsam mit dem Publikum nach tragfähigen Perspektiven.

In Kooperation mit Equalizent und dem Selbstvertretungszentrum Wien

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Studie zu Inklusivem Gedenken

In einer Studie wurden in Österreich gehörlose und lernbeeinträchtigte Menschen zu ihrer Wahrnehmung von Gedenkarbeit an T4-Tötungsanstalten befragt. Studierende der Johannes Kepler Universität Linz (Oberösterreich) erhoben Erfahrungen, Gefühle, Wahrnehmungen und Wünsche in Bezug auf den Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim. Das Forschungsprojekt soll die Entwicklung von inklusiv gestalteten Angeboten an der NS-Tötungsanstalt für „lebensunwertes Leben“ vorantreiben.

Die Nazis ermordeten zwischen Mai 1940 und August 1941 rund 18.000 Personen als „arbeitsunfähig“ eingestufte Menschen mit Behinderungen und psychisch Kranke in Schloss Hartheim, einer ehemaligen Behinderteneinrichtung. Zu den ersten Opfern gehörte ein Teil der zuvor in Hartheim betreuten Menschen. Die Tötungen behinderter Menschen in den Tötungsanstalten wurde 1941 offiziell gestoppt. Die Gaskammer in Hartheim nützten die Nazis dennoch bis 1944 weiter. Aufgrund von Kapazitätsengpässen in Konzentrationslagern wurden rund 12.000 kranke oder arbeitsunfähige ZwangsarbeiterInnen und andere Häftlinge aus Mauthausen, Gusen und Dachau nach Hartheim deportiert und dort ermordet.

Seit 2003 ist im Schloss ein Lern- und Gedenkort eingerichtet, der über den Massenmord und seine Geschichte informiert und in der Dauerausstellung „Wert des Lebens“ aktuelle Fragestellungen aufwirft und diskutiert. Der Betrachtungszeitraum der Ausstellung erstreckt sich vom Zeitalter der Aufklärung bis zur Gegenwart, thematische wird von der Sortierung der Menschen in ökonomisch „Brauchbare“ und „Unbrauchbare“ ausgegangen. Dies begann schon an Beginn der Industriegesellschaft. Die Ausstellung endet mit aktuellen Forderungen nach gesellschaftlicher Gleichstellung behinderter Menschen.

Vor dem historischen Hintergrund und wegen dem Anspruch nach Einziehung von Menschen mit Behinderungen in alle Lebensbereiche – nicht zuletzt durch die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention – ist die Idee von inklusiv gestaltetem Gedenken für den Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim von großer Relevanz. Inklusives Gedenken versucht aber nicht nur, vorhandenes Wissen barrierefrei weiterzugeben, sondern will die Menschen auch aktiv in den Prozess des Gedenkens einbinden.

Es gab zwei Präsentationen der Ergebnisse mit anschließender Diskusstion. Eine Präsentation war in Leichter Sprache und wurde in Gebärdensprache übersetzt im Institut Hartheim. Die zweite Präsentation war mit Unterstützung von Gebärdensprachdolmetscherinnen im Linzer Gehörlosen Sport und Kulturverein.

IFO-Tagung 2017: System.Wandel.Entwicklung

31. Internationale Jahrestagung der Integrations-/Inklusionforscher/innen

Inklusion – bildungswissenschaftliche Denkfigur, pädagogisches Programm mit normativer Dimension und didaktisches Konzept – betrifft mehrere Ebenen der Gesellschaft. Die Akteurinnen und Akteure bewegen sich auf den diversen Ebenen nicht nur rollen- und biografiespezifisch, sondern auch mit unterschiedlichen normativen Zugängen.
Im Spannungsfeld von pädagogischer Profession, Institution und Person ergeben sich komplexe Fragestellungen bezüglich Umsetzung, Regelung und Steuerung inklusiver Systeme.

http://ph-ooe.at/ifo_2017

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31. Internationale Jahrestagung der Inklusionsforscher/innen 22. – 25. Februar 2017

Thema: System.Wandel.Entwicklung
Akteurinnen und Akteure inklusiver Prozesse im Spannungsfeld

an der Pädagogische Hochschule Oberösterreich, Linz

Anbei ein Call for Paper für die IFO 2017 von 22. – 25. Februar 2017 in Linz. Sie können auf der Homepage ein Einzelpaper und/oder ein Symposium einreichen.

Sollten Sie einen Open Space moderieren wollen, ersuchen wir um direkt Kontaktaufnahme mit Frau Ascher (judith.ascher@ph-ooe.at).

Wir freuen auf Ihre Beiträge.

Ihr IFO 2017 Team

Ewald Feyerer, Jörg Mußmann, Wilfried Prammer, Eva Prammer-Semmler

Call for Paper