Leichte Sprache hat die Intention Kommunikation barrierefrei möglich zu machen. Ihren Ursprung findet sie in der Selbstvertretungs-Bewegung von Menschen mit Behinderungen (Christmann, 2017, 11) und ist an Menschen mit sogenannten geistigen Behinderungen, als Unterstützung von Sprachenlerner_innen, Menschen in bildungsfernen Kontexten, etc. gerichtet. Folgen wir Ursula Christmann im deutschsprachigen Raum charakteristisch eine „Kodifizierung in Form von Regellisten“ (ebd.) für Leichte Sprache anzubieten. Der Gegenstand von Forschung zu Leichter Sprache ist dabei die praktische Realisierung zum Gelingen der Kommunikation (ebd., 13). Wie Leichte Sprache bzw. das Regelwerk zur Leichten Sprache aussieht, ist dabei nicht konstant, sondern variiert. Es stellt sich dabei immer die Frage nach Adressierung. Die Forschung sollte dabei in regen Austausch mit intendierten Adressat_innenkreisen sein, und weniger um Deutungshoheiten bzw. Konkurrenzverhältnissen verschiedenster Anbieter_innen.
Bei Leichter Sprache unterscheidet man zwischen zwei Formen, welche in einem stillen semantischen Kampf um Deutungshoheit stehen: Bezeichnungskonkurrenz und Bedeutungskonkurrenz (ebd., 15 – 16). Das Projekt „LeiSA – Leichte Sprache im Arbeitsleben“ an der Universität Leipzig hat für die praktische Anwendung von Leichter Sprache fünf „Angemessenheitsfaktoren“ formuliert, um bestehende Regelwerke zu hinterfragen und Texte in Leichter Sprache dem Anlass entsprechend zu formulieren (Bock, 2018, 13 – 15). Die fünf Angemessenheitsfaktoren „können im Texterstellungsprozess zugleich als Orientierungsrahmen und praktische Problemstrategie genutzt werden“ (ebd., 15). Welche Gewichtung die folgenden fünf Faktoren im jeweiligen Text erfahren, bleibt der_m Autor_in überlassen. Prinzipiell sollte ein Text in Leichter Sprache von Menschen, für welche diese Texte erstellt werden, korrigiert werden. Da aber jeder Text nicht von jedem_r gleich „leicht“ gelesen werden kann, ist ein absoluter leichter Text nicht erreichbar. Die einzelnen Faktoren können außerdem im Widerspruch zueinanderstehen. Bereits in der europäischen Richtlinie für lesbare Informationen 1998 der „International League of Societies for Persons with Mental Handicap wurde die Komplexität von „leichter Lesbarkeit“ (engl. „easy to read“) formuliert, welche die Lesbarkeit von Texten an die Fähigkeiten der Leser_innen bindet (Freyhoff, 1998).
Die fünf Angemessenheitsfaktoren sind (siehe Bock, 2018, 15):
- Adressat_innenbezogen (Leser_in)
- Funktional/ kommunikationsbereichsbezogen (Zweck des Textes)
- Sachlich-inhaltlich (Text-Inhalt)
- Bezogen auf weitere situative Merkmale (u.a.: mündlich/ schriftliche Realisierung, Zeit/ Ort, voraussichtliche Lesesituation) (Lese-Situation)
- Sender_innenbezogen (Autor_in oder Auftraggeber_in)
Es sollte bei Texten in Leichter Sprache immer um den Abbau von Barrieren gehen. Dabei sollten sich Autor_innen nicht nur Fragen nach Semantik oder Aufbau eines Textes/Satzes/Wortes stellen, sondern auch nach der Frage, ob Textsorten identifiziert werden können, ob die Bilder als unterstützendes Mittel angeboten werden sollen, welche Schriftart bzw. Layout verwendet werden sollte, etc.. Wie bereits erwähnt, werden auf zahlreichen Seiten Regelwerke angeboten, um das Erstellen von Texten in Leichter Sprache zu erleichtern. Diese müssen jedoch hinterfragt werden und im besten Fall sollte jeder einzelne Text erprobt werden, da bei einer strikten Einhaltung von einem monopolisierenden Regelwerk die Gefahr besteht, eine exklusive Sprachenblase zu erschaffen.
In Österreich gibt es schon zahlreiche Dienstleitungsorganisationen, die Übersetzungen undTexterstellung sowie Ausbildungen in Leichter Sprache anbieten.
Von Pia Grochar
Christmann, U.: Wie leicht darf leichte Sprache sein? Empirische Lücken in einem guten Konzept. Bock, B. (2018). „Leichte Sprache“ – Kein Regelwerk. Universität Leipzig.
Bock, B., Fix, U. & Lange, D. (Hrsg.). (2017). „Leichte Sprache“ im Spiegel theoretischer und angewandter Forschung (Kommunikation – Partizipation – Inklusion). Berlin: Frank & Timme, Verlag für Wissenschaftliche Literatur.
Freyhoff, G. (1998). Europäische Vereinigung der ILSMH. Sag es einfach! Europäische Richtlinien für die Erstellung von leicht lesbaren Informationen. Zugriff am 7.8.2020. Verfügbar unter: https://docplayer.org/88151-Europaeische-vereinigung-der-ilsmh-sag-es-einfach-europaeische-richtlinien-fuer-die-erstellung-von-leicht-lesbaren-informationen.html.