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Ankündigung der Tagung

Tagung „Schattenbilder. Nachwirkungen von (NS-) „Eugenik“ und „Euthanasie“ in Theorie und Praxis des österreichischen Gesundheits- und Sozialwesens 1945 bis 2025“


Wann: 12. September 2025, 12:00-19:00 Uhr
Ort: Sigmund Freud Privatuniversität Linz, Adalbert-Stifter-Platz 2, 8. Stock, 4020 Linz. Die Tagung findet hybrid statt (Teilnahme vorort oder online möglich).

Die interdisziplinäre Tagung „Schattenbilder“ widmet sich den Nachwirkungen von (NS-) „Eugenik“ und „Euthanasie“ im österreichischen Gesundheits- und Sozialwesen von 1945 bis in die Gegenwart. Ziel ist es, die Persistenz eugenischer Denkfiguren und Praktiken kritisch zu beleuchten und ihre Bedeutung für heutige medizinische, psychotherapeutische, gesellschaftliche und technokulturelle Diskurse sichtbar zu machen.

Forscher-innen aus Geschichte, Psychotherapiewissenschaft sowie Sozial- und Kulturwissenschaften diskutieren Kontinuitäten und Transformationen: vom Massensterben in Nachkriegsanstalten über Geschlechterbilder in der Psychiatrie und Psychotherapie, den Umgang mit Erinnerungskultur bis hin zu aktuellen Debatten um Transhumanismus und biopolitische Selbstoptimierung. Auch die kritische Reflexion autoritärer und eugenischer Muster in kulturellen Bewegungen der Nachkriegszeit, wie etwa der „Kommune“ am Friedrichshof im Burgenland, wird thematisiert.

Die Tagung wird vom Department für Psychotherapiewissenschaft der Sigmund Freud PrivatUniversität Linz, dem Verein für Sozialgeschichte der Medizin in Kooperation mit dem Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim organisiert und findet am 12.09.2025 von 12:00-19:00 Uhr hybrid statt (Teilnahme vorort oder online möglich). Sie lädt zur aktiven Auseinandersetzung mit verdrängten Kontinuitäten und ethischen Fragen ein, die für die Gegenwart von hoher Relevanz sind.

Allgemeine Informationen

Anmeldungen zur Tagungsteilnahme werden bis spätestens 08.09.2025 erbeten. Die Anmeldungen bitte per E-Mail an ptw-linz@sfu.ac.at. Bitte geben Sie an, ob Sie in Präsenz oder online teilnehmen möchten.

Die Tagung wird vom Department für Psychotherapiewissenschaft der Sigmund Freud PrivatUniversität Linz, dem Verein für Sozialgeschichte der Medizin in Kooperation mit dem Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim organisiert.

Tagungsorganisation: Carlos Watzka und Elisabeth Schäfer

Das Programm finden Sie hier zum Downloaden:

Widerstand als Antwort von Menschen mit Behinderungen auf Diskriminierung und Verfolgung

Angehörige und Nachkommen von Opfern, zahlreiche Ehrengäste und diplomatische Vertreter-innen fanden sich am Sonntag, 1. Oktober 2023 im Lern- und Gedenkschloss Hartheim ein und gedachten der rund 30.000 Opfer der NS-Euthanasie. Univ. Prof. Dr. Volker Schönwiese hielt die diesjährige Gedenkrede. Er sprach über die Gedenkkultur, verborgene Geschichten des Widerstandes behinderter Menschen und kritisierte die aktuelle Behindertenpolitik.

Volker Schönwiese hält die Gedenkrede

Zum ersten Mal hielt eine behinderte Person und Vertreter der Selbstbestimmt Leben Bewegung die Gedenkrede an diesem Euthanasie-Gedenkort. Es war ein wichtiger symbolischer Schritt. Volker Schönwiese hielt auch mit Kritik über die aktuelle Behindertenpolitik nicht zurück. Er forderte endlich eine wirksame Gleichstellungspolitik, wo Rechte einklagbar gemacht werden, sowie die sofortige Umsetzung von De-Institutionalisierung und inklusiver Bildung.

Zentrale Themen der Gedenkrede war die Selbstorganisation von Menschen mit Behinderungen, die bereits in der Zwischenkriegszeit begann und der Widerstand von Menschen mit Behinderungen gegen den Nationalsozialismus. Als Beispiel erwähnt Schönwiese den Pionier der österreichischen „Krüppelbewegung“ Siegfried Braun, der in der NS-Zeit nach Theresienstadt deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Schon in der Ersten Republik stellten er und die „Krüppelarbeitsgemeinschaft“ Forderungen nach Selbstbestimmung. Ihr Motto war „Arbeit statt Siechenhaus“ und „Arbeit statt Mitleid“. Nach 1945 dauerte es mehrere Jahrzehnte bis die Verbrechen der NS-Euthanasie aufgearbeitet wurden. Viele Initiativen und Bemühungen zur Auseinandersetzung mit den Morden kamen, so Schönwiese, wiederum aus der Behindertenbewegung der 1970er und 1980er Jahre.

In seiner Rede kritisiert er die aktuelle Politik für Menschen mit Behinderungen: „Die Reformgesetze der 1990er Jahre in Österreich waren wichtige Schritte in Richtung Anerkennung und Inklusion. Die existierende Ausgrenzung und Institutionalisierung von Menschen mit Behinderungen beendeten sie aber nicht.“ Bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention, die vor 15 Jahren in Österreich in Kraft trat, gebe es noch einiges zu tun. Schönwiese bemerkt dazu, dass „Deinstitutionalisierung und aktive Förderung von „Selbstbestimmung“, die zur Herstellung der Bedingungen menschlicher Entfaltung auch für Menschen mit Behinderungen nötig sind“, auch in Österreich vorangetrieben werden müssen.

Im Anschluss an die Gedenkrede wurden auf dem Friedhof der Opfer Kränze von diplomatischen Vertreter-innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Selbstbestimmt Leben Österreich niedergelegt. Die Gedenkfeier fand am Friedhofsgelände auf der Ostseite des Schlosses statt. Hier wurden Anfang der 2000er Jahre in mehreren Gruben menschliche Überreste in Form von Asche und Knochenstücken gefunden und in einer neu geschaffenen Grabanlage beigesetzt.

Jenen Menschen, die nicht an der Gedenkfeier teilnehmen konnten, steht eine Video-Aufzeichnung im Youtube-Kanal (https://www.youtube.com/watch?v=k6qQ1i4pMiI) des Lern- und Gedenkorts zur Verfügung.

Die Rede der Gedenkfeier 2023 von Volker Schönwiese ist hier nachzulesen (https://www.schloss-hartheim.at/fileadmin/user_upload/Gedenkrede_2023_Sch%C3%B6nwiese.pdf)

Die Rede von Volker Schönwiese in Hartheim von 1990 ist hier (http://bidok.uibk.ac.at/library/schoenwiese-hartheim.html) nachzulesen.