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Wo Licht, da auch Schatten

Warum die ORF Hilfskampagne „Licht ins Dunkel“ in der Kritik steht

Bundespräsident Alexander Van der Bellen nimmt am 24.12.2022 telefonisch Spenden entgegen (oder tut so als ob für die Kamera). (Quelle: Licht ins Dunkel)

Der Beitrag wurde verfasst von Andrea Lehner, Studentin im Bachelorstudium Sozialwirtschaft, im Rahmen der LVA Österreichische Politik, Schwerpunkt Gleichstellungspolitik.

Am 24. Dezember 2022 fand im ORF zum 45. Mal die traditionelle „Licht ins Dunkel“-Weihnachtssendung statt. In der ORF-Spendengala wird um Spenden für Sozialhilfe- und Behindertenprojekte in Österreich gebeten. Diese werden medienwirksam von Politiker:innen und Prominenten am Telefon entgegengenommen. Bereits im Vorfeld wurde – wie alle Jahr wieder – Kritik an der Veranstaltung geäußert. Menschen mit Behinderungen fordern sogar die Abschaffung von „Licht ins Dunkel“. Angesichts der hohen Spendensumme mag dies für viele Menschen nicht nachvollziehbar sein. Was sind die Hintergründe?

Das Spendenproblem

Am 28. November 2022 veröffentlichte die Plattform „andererseits“ eine Dokumentation mit dem Titel „Das Spenden-problem“. Die Dokumentation setzt sich medienwirksam mit mehreren kritisch zu betrachtenden Aspekten von „Licht ins Dunkel“ auseinander. Unter anderem die Darstellung der Menschen, warum Spenden überhaupt nötig sind und wer von der Sendung sonst noch profitiert.

Tränen, Rührung und Bewunderung

Die jährliche Spendengala am 24. Dezember ist für viele Menschen eine Weihnachtstradition. Im Jahr 2022 wurden bis inkl. 24.12. insgesamt 19.137.673 Euro durch Personen und Unternehmen an die Organisation gespendet. Dies macht „Licht ins Dunkel“ zu der finanziell erfolgreichsten Hilfskampagne Österreichs. Aufgrund der hohen Einschaltquoten prägt die Sendung seit Jahrzehnten das gesellschaftliche Bild von Menschen mit Behinderungen. Insbesondere Darstellungsweise wird von Betroffenen und Expert:innen bereits jahrelang kritisiert.

„Behinderung bekommt durch diese unsägliche Kampagne ein weinerliches, höchst negatives Image, von dem jede/r Abstand halten will. Behinderte Menschen werden nicht als gesellschaftliche Wesen mit Rechten dargestellt sondern als außerhalb der Gemeinschaft stehende hilfeempfangende, voller Dankbarkeit Existierende.“ (Stix, 2011)

Die Sendung arbeitet mit Emotionen, um möglichst hohe Summen zu erzielen und stellt dadurch Menschen mit Behinderungen als Opfer und hilfsbedürftig dar. Prominente und Politiker:innen drücken ihre Bewunderung und Mitleid aus. Emotionale musikalische Untermalung und Tränen gehören zur Show. Diese Form der Darstellung von Menschen mit Behinderungen widerspricht einer würdevollen Berichterstattung. (Pernegger, 2016, S. 82)

Ursula Naue, Expertin im Bereich Disability Studies, sieht als Hauptproblem, dass Behinderung als etwas Schlechtes dargestellt wird. Der Fokus liegt auf den Defiziten der Menschen, darauf was nicht funktioniert. Wie die Gesellschaft diese Menschen behindert, wird nicht behandelt. Um eine inklusive Gesellschaft zu erreichen, sollte der Fokus auf Hindernisse und Barrieren, welche Menschen mit Behinderungen aus dem alltäglichen Leben ausschließen, liegen. (andererseits, 2022)

Bringen wir Licht ins Dunkel

Die scheinheilige Welt von Licht ins Dunkel benötigt eine radikale Wendung. Menschenrechte dürfen nicht von Spenden abhängen und Menschen mit Behinderungen sitzen nicht im Dunkeln! Menschen mit Behinderungen sollten als selbstbestimmte Individuen dargestellt werden, die in der Lage sind, ihr eigenes Leben zu führen und Entscheidungen zu treffen. In das Zentrum der Aufmerksamkeit sollten Hindernisse und Barrieren in der Gesellschaft rücken. Der Nationale Aktionsplan Behinderung 2022-2030 sieht eine Neukonzipierung der ORF-Spendenaktion „Licht ins Dunkel“ vor. (Bundesministerium, 2022) Es wäre empfehlenswert auf die Kritik zu reagieren und Menschen mit Behinderung in den Prozess miteinzubinden.

Die Dokumentation von andererseits online unter: www.andererseits.org Die Studie „Mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung“ online unter: www.rtr.at

Andrea Lehner lebt und arbeitet in Linz und studiert Sozialwirtschaft an der Johannes Kepler Universität Linz.

Andrea Lehner, Autorin

Quellenangaben:

andererseits. (2022). Das Spenden-Problem. Warum Menschen mit Behinderungen die Abschaffung von Licht ins Dunkel fordern. https://andererseits.org/spendenproblem/

Bundesministerium, S., Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. (2022). Nationaler Aktionsplan Behinderung 2022–2030.

Licht ins Dunkel. (o. J.-a). LICHT INS DUNKEL. Abgerufen 8. Januar 2023, von https://lichtinsdunkel.orf.at/index.html  

Licht ins Dunkel. (o. J.-b). LICHT INS DUNKEL – der Verein. Abgerufen 8. Januar 2023, von https://lichtinsdunkel.orf.at/verein102.html

Licht ins Dunkel (o. J.-c). LICHT INS DUNKEL – Projektförderungen 2021/2022. Abgerufen 8. Januar 2023, von https://lichtinsdunkel.orf.at/projektfoerderung102.pdf

Pernegger, M. (2016). Menschen mit Behinderung in österreichischen Massenmedien. Jahresstudie 2015/16. MediaAffairs.

Stix, T. (2011). Was mich behindert: Licht ins Dunkel – behindertenarbeit.at. https://www.behindertenarbeit.at/8957/was-mich-behindert-licht-ins-dunkel/