Neuroqueerness* meint die Verknüpfung von Neurodiversität und Queer Theory. Es kann als Verb, Adjektiv oder Identitätslabel verwendet werden und beschreibt Praktiken und Perspektiven, die neuronormative und heteronormative Vorstellungen bewusst hinterfragen, unterwandern und dekonstruieren.
Der Begriff wurde ab 2008 von Nick Walker, Athena Lynn Michaels-Dillion und Remi Yergeau geprägt. Neuroqueer* Theory untersucht, wie Gesellschaft „Normalität“ konstruiert, vor allem in Bezug auf Geschlecht, Sexualität und (Dis-) Ability, und kritisiert die damit verbundene Pathologisierung und Marginalisierung. Zentral ist ein intersektionales Verständnis, das die Verflechtungen von Macht, Identität und Diskriminierung berücksichtigt.
Als Identität bezieht sich neuroqueer* auf Menschen, oft selbst queer* und neurodivergent, die diese Normen aktiv in Frage stellen. Walker betont, dass sich auch neurotypische und cis-heterosexuelle Personen als neuroqueer* verstehen können, wenn sie diese Strukturen kritisch reflektieren und herausfordern. Kurz: Du bist neuroqueer*, wenn du neuroqueerst*.
Praktiken des neuroqueeren* Widerstands sind unter anderem Unmasking, das bewusste Ablegen angepasster Verhaltensweisen, sowie Ausdrucksformen, die neuronormative und heteronormative Erwartungen irritieren. Ziel ist es, gesellschaftliche Normen zu Identität, Verhalten und Körper zu fordern und Räume für vielfältige Lebensweisen zu schaffen.
Von Isabella Maria Grabler
Dieser Glossareintrag wurde im Rahmen des Seminars Dis/Ability & Gender im MA Gender Studies an der Universität Wien, Sommersemester 2025, unter der Leitung von Eva Egermann und Rahel More erarbeitet.
Quelle:
Walker, N. (2021, Summer [ursprünglich veröffentlicht im Frühjahr 2015]). Neuroqueer: An introduction. NeuroQueer. https://neuroqueer.com/neuroqueer-an-introduction/