DanceAbility

DanceAbility ist eine erweiterte Tanzform der Kontaktimprovisation. Sie ist die einzigartige künstlerische Praxis einer heterogenen, vielfältigen Tanzgemeinschaft, die auf Gleichberechtigung basiert. Die Kontaktimprovisation entstand 1972, zur Hochblüte der Hippies, in San Francisco. Der Begründer dieser Tanzform ist Steve Paxton. In Oregon begann sich Alito Alessi etwa 1987 mit Menschen mit Behinderung im Tanz auseinander zu setzen und gemeinsam mit Karin Nelson und Emery Blackwell die Kontaktimprovisation zu DanceAbility weiterzuentwickeln. (siehe Alessi in Sowka 2011; Brinkmann 1999; Haselberger 1997; Turinsky in: Schachner 2011). Die Basisübungen der Kontaktimprovisation wurden hierfür so modifiziert, dass alle Menschen mit und ohne Behinderung sie ausführen können. DanceAbility ist eine Tanzform, die ohne vorgegebene Figuren auskommt. Sie lebt von Bewegungsfreude und Kreativität. Die Bewegungselemente werden auf der Basis der gemeinsamen tänzerischen und körperlichen Möglichkeiten experimentierend erkundet. Sie ergeben sich aus dem Bewegungsdialog der Tänzer_innen, der sich innerhalb von vorgegebenen Scores wie beispielsweise Führen und Folgen ergibt.

„Im Kontext des zeitgenössischen Tanzes sieht Alito Alessi das Projekt DanceAbility als eine neue Ausdrucksform, die die Ästhetik von Kunst und Körper neu definiert und auch eine neue Art des Sehens einfordert. Seine Botschaft kann als Absage an den perfekten Körper verstanden werden.“ (Haselberger 1997, S. 18) Das Motto von DanceAbility ist, „wer atmen kann, kann tanzen“ (vgl. Alessi/Zolbrod 2006, p. 11).

DanceAbility liegt die Philosophie und Idee einer künstlerischen Gemeinschaft zu Grunde, in der es Platz für alle geben soll (vgl. Haselberger 1997, S. 18). „Menschen mit und ohne so genannte ‚Beeinträchtigungen‘, Frauen und Männer jeden Alters, egal welcher Herkunft, Religion, sexuellen Ausrichtung, auch Berufstänzer_innen (…) [begegnen einander; Anm. d. Verf.] (…) mit zwischenmenschlichem Respekt und gegenseitiger Wertschätzung“. (Rebl 2008, S. 54 f.)

Jede Tänzer_in bringt dabei ihre eigene Qualität und Besonderheit mit ein und bereichert durch ihre eigene, ganz persönliche Bewegungssprache, Ausdrucksmöglichkeit – durch ihre persönlichen und speziellen Fähigkeiten und Eigenarten – die ganze Gruppe (vgl. Rebl 2008, S. 55). So entsteht ein Bewegungsdialog der Tänzer_innen und ein Tanz, in dem die Bewertung von Behinderung oder Fähigkeit verschwimmt (vgl. Albright 1997, p. 85).

DanceAbility ist die einzige Richtung im inklusiven Tanz, die wirklich für jede/n möglich ist. In dieser Hinsicht kann die DanceAbility gleichsam als eine Art Königsdisziplin betrachtet werden, weil sie niemanden ausschließt. Dies ist ein Potential, welches kaum eine andere Methode aufweist. Es gibt inklusiven Tanz für blinde und für gehörlose Personen, für Menschen mit Lernschwierigkeiten, oder für Rollstuhlfahrer_innen, gemeinsam mit nicht-behinderten Tänzer_innen, aber, dass wirklich alle miteinander tanzen können, dass jede mit jeder Tänzer_in einen Weg finden kann, das gibt es nur bei DanceAbility (vgl. B4 in Magdlener 2012, S. 150 f.).

Dieses Inklusionspotential von DanceAbility, das durch die gemeinsame Tanzpraxis seine Wirkung entfaltet, bewirkt auch auf gesellschaftlicher Ebene ein Zusammenführen des Getrennten, das nahezu überall in unserer Welt vorherrscht und zu unserer Anschauung und inneren Einstellung geworden ist. DanceAbility hat durch die Kunst des Tanzes und der Improvisation das Potenzial das Getrennte zusammenzuführen, das in unserem Denken und in unseren Herzen wirkt. Indem es die zuvor so offensichtlich erscheinenden Unterschiede durchlässiger macht und schlussendlich ganz verschwinden lässt, treten Vorurteile und vorgefasste Meinungen immer mehr in den Hintergrund bis sie allmählich ganz verschwunden sind. Eine Gemeinschaft und ein gemeinsamer Tanz entsteht in dem es – durch die freie Improvisation abseits von unserem festgefahrenen Gedankengerüst – immer mehr um die Begegnung zwischen Menschen geht in der das Trennende ihrer Unterschiedlichkeiten, während sie miteinander tanzten, langsam immer unsichtbarer wird (vgl. Steve Paxton about DanceAbility Online, unp.).

Von Elisabeth Magdlener

Literatur:

Albright, A. C. (1997): Moving across difference. In: Albright, A. C. (1997): Choreographing difference. The body and identity in contemporary dance. – Hanover, NH [u.a.]: Wesleyan Univ. Press, Univ. Press of New England, p. 56-92.

Alessi, A./Zolbrod, S. M. (2006): DanceAbility. Teacher Certification Course Manual (Vienna 2006). – Eugene: Joint Forces Dance Company.

Brinkmann, U. (1999): Kontaktimprovisation. Neue Bewegung im Tanz. – Frankfurt am Main: AFRA-Verl., 4. Aufl.

Haselberger, G. (1997): Ein Raum: für alle. In: Tanz Affiche. Verein zur Förderung von Information und Kommunikation in künstlerischen Belangen (Hrsg.). H. 69, Jg. 10, S. 18.

Magdlener, E. (2012): Tanz und Körpererleben bei physischer Behinderung. Über die     Wirkungsweise des Kontakttanzes DanceAbility auf das Körpererleben von     fortgeschrittenen und teilweise professionellen TänzerInnen mit physischer   Beeinträchtigung. – Unveröffentlichte Diplomarbeit, Wien.

Rebl, V. (2008): DanceAbility. Im Tanz – wo Sprache endet wird Bewegung zur             Kommunikation. In: Wege miteinander. H. 1, Jg. 22, S. 54-55.

Schachner, R. (20.04.-03.05. 2011): Der Philosoph, Tänzer und Choreograf Michael Turinsky    anlässlich seines „Narcissus Project“: Nareziss hat wie ein Beamer ein Bild geworfen. In: Augustin. Die erste österreichische Boulevardzeitung. Verein Sand und Zeit. (Hrsg.). H. 29, S. 26-27.

Internet:

Steve Paxton about DanceAbility… (2011): Mad Brook Farm, VT, 16 April 2011. Online im     WWW unter URL: http://danceability.eu/englisch/paxton_dd.htm. Download 10.01.2013)

Sowka, D. (2007): Lesen statt Hören. Let’s dance! The DanceAbility method. Online im           WWW unter URL: http://www.freak-online.at/Aktuell-  Detail.183+M57426e43289.0.html?&tx_ttnews[sViewPointer]=2&tx_ttnews[year]=20            00. (Download: 26.12.2012)